Theaterparty oder Trauerfeier / Stellungnahme und Pressemitteilung zu 20 Jahre kuenstlerhaus43

Theaterparty oder Trauerfeier / Stellungnahme und Pressemitteilung zu 20 Jahre kuenstlerhaus43

20 Jahre kuenstlerhaus43 Wiesbaden

Theaterparty zum Jubiläum – Geburtstag oder Trauerfeier?
Süße Erinnerung an 20 Jahre mit bitterem Beigeschmack

Die Zeit vergeht im Theater bekanntlich viel zu schnell. Diese Erfahrung mussten auch wir machen, Susanne Müller und Wolfgang Vielsack, als wir vor 20 Jahren unser Theater kuenstlerhaus43 in der Oberen Webergasse aus der Wiege hoben.

Aus der Enge ins Gedränge
Spielort war ein altes Arbeiterhaus, das Ambiente stilvoll, vom Zahn der Zeit angenagt, doch immer bereit, seine Geschichten zu erzählen. Schon im ersten Jahr litt das Theater unter Platzmangel. Der Zuschauerraum fasste vielleicht 40 ZuschauerInnen und die Bühne war so groß wie zwei knapp bemessene Parklücken. Alles änderte sich 2006 zur Premiere von „Romeo und Julia im Bergkirchenviertel“.

Wir fanden gemeinsam eine Lösung, den Aktionsradius für Ensemble und Publikum zu erweitern. Es erwuchs die Idee, Haus sowie Hof und Webergasse zum Spielort zu machen. So ergab sich eine impulsive Dynamik, zwischenmenschliche Interaktion und das unvergleichliche Gefühl, Teil einer Inszenierung zu sein.

Vom Arbeiterhaus ins Palasthotel
Seit 2021 werden Frühstückssäle und Wintergarten des ehemaligen Palasthotels genutzt. Das kuenstlerhaus43 belebt die Räume mit modernem Theater in historischer Bausubstanz. Direkt am Westeingang auf dem immergrünen Kunstrasen wird das Publikum begrüßt. Über 180 Theateraufführungen (Eigenproduktionen & Gastspiele), Konzerte, Ausstellungen, Kleinkunstabende und Workshops finden jährlich statt. Einmal im Monat ist Poetry Slam, derzeit die populärste Veranstaltung in Wiesbaden, was den Wettbewerb der Worte angeht. Wenn man über das kuenstlerhaus43 spricht, dann über das größte Mehrspartenhaus in der Freien Szene. Auch die soziale Komponente ist Teil des Spielplans: Theater für Senioren mit anschließendem Kaffeekränzchen, Aktionen für die Tafel und Clowndoktoring.

Das Theater kuenstlerhaus43 im Palasthotel gleicht einem kreativen Netzwerk. Wir legen Wert auf produktive Zusammenarbeit mit anderen freien Theatern, regionalen KünstlerInnen und Schauspielschulen. Das Bestreben aller Mitwirkenden ist qualitativ hochwertiges Theater, zeitgenössisch, interaktiv inszeniert.

Vom Palasthotel auf die Straße
Ein unfreiwilliges Drama oder auch eine tragische Komödie spielt sich seit Jahren um unsere Spielstätte „kuenstlerhaus43“ ab. Nach dem Tod des Mäzens und Mitbegründers Reinhard Faust wurden die Karten der Immobilie „Webergasse“ neu gemischt und vergeben. Weder der Immobilienerwerb noch die Umsetzung von (Um)bauanträgen wurden seitens der Landeshauptstadt (derzeitige Kooperation) realisiert. Die Suche nach einer alternativen Spielstätte scheitert entweder an der Finanzierung oder Eignung der Liegenschaft. Dieser andauernde Kampf um Daseinsberechtigung, diese Zerreißprobe mit einer ungewissen Zukunft vor Augen, zehrt an unseren Nerven. Dabei prägt unser freies Theater seit 20 Jahren die Kulturlandschaft der Region. Ist es dann nicht längst eine feste Institution?

Von der Nussschale zur Burg
Das kuenstlerhaus43 zeichnet sich auch seit 13 Jahren für die Sommerfestspiele Wiesbaden verantwortlich. Begonnen in der Kleinen Schwalbacher Straßen zogen sie am 29. Juli 2014 auf Burg Sonnenberg, aber als wir unsere Premiere mit Goldonis „Diener zweier Herren“ feiern wollten, fiel diese buchstäblich ins Wasser. Susanne Müller und Wolfgang Vielsack erinnern sich: „Sonnenberg wurde überschwemmt und Sandsäcke zu Barrikaden.“ Letzten Endes wurde im Kaisersaal gespielt. Die Feuertaufe der Sommerfestspiele Wiesbaden war also eigentlich eine Wasserprobe.

Ein regionales Ensemble, Lokalkolorit, teilweise selbstgeschriebene Fassungen und jedes Jahr Live-Musik haben die Festspiele weit über den Rheingau hinaus bekannt gemacht.

Unvergessliche Events für die City
Interaktive Theaterkonzepte, die den Theaterraum verlassen und die Innenstadt beleben, sind durch das kuenstlerhaus43 ein wichtiger Bestandteil Wiesbadens geworden. Giacomo Casanova und Graf Dracul geistern noch heute durch das Hotel Schwarzer Bock. Auch der Krimiklassiker „Rien de va Plus im Historischen Fünfeck“ zur Bewerbung Wiesbadens zum Weltkulturerbe des Historismus schrieb Theatergeschichte. Aktuell im Gedächtnis der Kurstadt verankert ist die diesjährige „Feuerzangenbowle im historischen Fünfeck“. Hotel Schwarzer Bock, Justizministerium und Palasthotel wurden zum Spielort für den Filmklassiker, Fahrt mit der THermine inklusive.

Traumfabrik feiert 20jähriges Jubiläum
Am 5. Dezember findet im Palasthotel die Jubiläumsfeier statt: 2 Jahrzehnte voller Theater, Musik, Lesungen, Dinnershows, Kinderstücken, Workshops und Sommerfestspiele… Zeit für Erinnerung und Begegnung, alte Weggefährten treffen, das aktuelle Ensemble, viele Gäste und Überraschungen sind geplant. „Es wird gefeiert“, sagt die Theaterleiterin Susanne Müller, „auch wenn die Aussichten gerade nicht rosig sind. Das Fest ist ein Dankeschön an die Künstler und Künstlerinnen und natürlich auch an die unzähligen ZuschauerInnen der letzten 20 Jahre. Dazu sind die knapp 200 Fördermitglieder, aber auch alle, die sich mit uns verbunden fühlen, herzlich eingeladen.

Was wünscht sich eine 20jährige Theaterdame wie das kuenstlerhaus43?
Fortbestand. Einen Vorhang, der hochgeht, lachende Menschen, viel Applaus und das, was nie verloren gehen darf: Kultur. „Ich bin froh und glücklich, dass so tolle Kolleginnen und Kollegen für uns arbeiten, vor und hinter der Bühne“, bekennt der Intendant und Schauspieler Wolfgang Vielsack. „Es gibt bei uns BühnenbildnerInnen, Maske, Dramaturgie, AutorInnen, MusikerInnen und SchauspielerInnen, alles aus einer Hand.“

Wir sind eine Graswurzelbewegung und unser Motto hieß von Anfang an Theater mitten in der Stadt, mittendrin, statt nur dabei.“ Das möchten die MitarbeiterInnen auch weiterhin leisten. „Wir beleben die Orte, die Straßen und die ganze Umgebung, was kann sich eine Stadt mehr für seine Innenstadt wünschen“, sagt Susanne Müller immer und immer wieder. „Man soll dort wirken, wo man gebraucht wird und wo man am besten wirken kann. Ein Umzug in einen Vorort würde diese wichtige Ressource verschwenden. Dort wollen die Menschen wohnen, abends Ruhe haben. Erleben wollen sie etwas in der Innenstadt. Deshalb sind wir hier auch richtig aufgehoben.“

Was ist zu tun?
Viele Augen sehen mehr. Deshalb sind die 7-köpfigen MacherInnen des Theaters über jeden Tipp für eine Innenstadtspielstätte dankbar. Nachdem so auch die „Goldgasse“ gefunden war, schien die eierlegende Wolfsmilchsau gefunden. Nun beginnt die Suche wieder von vorn. „Es ist nicht leicht Räume in der Innenstadt zu finden. Da muss die Deckenhöhe stimmen, Fluchtwege müssen vorhanden sein und auch eine Belüftung ist Vorschrift. Und da geht es dem Theater wie jedem Wohnungssuchenden: Immobilienangebote sichten, aber vor allem Mund zu Mund Propaganda.

Kann ein produzierendes Theater in Wiesbaden ganz ohne Subventionen existieren?
In der aktuellen Situation kaum, es sei denn die Eintrittspreise steigen immens oder die DarstellerInnen bekommen keine fairen Gagen. Letzteres war den Theatergründen Susanne Müller und Wolfgang Vielsack von Anfang an wichtig. Wer als Profi auf der Bühne steht, muss auch ordentlich bezahlt werden. Dass das nicht überall so ist, kennen sie vom eigenen Leibe.

So ist den MacherInnen klar, dass neben einem hoch subventionierte Staatstheater auch die sogenannten kleinen Theater Unterstützung brauchen, sodass die Grundkosten gedeckt sind.

Im Theater kuenstlerhaus43 gibt es die Möglichkeit Workshops und Firmenfeiern zu buchen. Außerdem gibt’s die Option „Mitgliedschaft für einen Tag“, dann bezahlt der Zuschauer für seine Karte deutlich mehr und subventioniert damit die ermäßigten Tickets. Viele Tropfen höhlen den Stein, aber ohne die Stadt, geht es nicht.

Man braucht einen langen Atem und deshalb gibt’s im kuenstlerhaus43 auch viele beliebte Kinderstücke. Tausende Kinder kommen jedes Jahr. Begeisterung fürs Theater wecken, das sind die Besucher von morgen.

Gebäude oder Menschen
Vielleicht ist es nach 20 Jahren Zeit, auch an die KünstlerInnen zu denken und nicht nur an die Immobilien.

 

Wann                        Freitag, 5. Dezember 2025 // 20 Uhr

Spielort:                    Theater kuenstlerhaus43 im Palasthotel, Kochbrunnenplatz 1, 65183 Wiesbaden

Anmeldung erbeten:  office@kuenstlerhaus43.de

Weitere Infos:            www.kuenstlerhaus43.de oder Theaterbüro: 0611 -172 45 96

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